Marketing Café
Mannheim
Neue Methoden im Kulturmarketing
21. November 2019 | Kunsthalle Mannheim
Social Media ist unverzichtbar, aber auch kein Wundermittel. Mögen Instagram und Co. bei jungen Menschen noch beliebt sein, manche Themen lassen sich digital nicht vermitteln. Sogar ein absoluter Publikumsrenner wie die wunderbare Ausstellung zu Henri Matisse, die derzeit in der Kunsthalle Mannheim zu sehen ist, spricht nur wenige Teenager an. „Die können Sie auch mit Social Media nicht zum Besuch bewegen,“ sagte Hausherr Johan Holten.
Das sei jedoch kein Drama. Schließlich komme es bei der Digitalisierung im Kulturbereich nicht nur darauf an, mehr Besucher ins Haus zu holen. Die Digitalisierung müsse endlich aus ihren Kinderschuhen erwachsen und vielfältiger genutzt werden. In einem mitreißenden und gestenreichen Impulsvortrag zog der neue Direktor der Kunsthalle Mannheim im jüngsten Marketing Café eine klare Grenze zwischen dem digitalen Kulturmarketing, mit dem das Interesse des Publikums geweckt werden soll, und der digitalen Kunstvermittlung. Der Bildungsauftrag bleibe weiterhin das Kerngeschäft des Museums, egal ob nun digital oder analog.
Wie bedeutsam gutes und zielgerichtetes Marketing ist, weiß auch Karmen Strahonja, Geschäftsführerin der Stadtmarketing Mannheim GmbH und Gastgeberin des Marketing Cafés, nur allzu gut. „Jährlich besuchen knapp 16 Millionen Tagesgäste die Stadt Mannheim, woran die große Anziehungskraft der Kunsthalle und Sonderausstellungen wie ‚Inspiration Matisse‘ ihren Anteil haben.“ Spezifisches Kulturmarketing ist mittlerweile unverzichtbar geworden. Daher war es für die anschließende Diskussion umso erfreulicher, dass sich viele Gäste aus kulturellen Institutionen am Austausch beteiligten.
Auf die Frage eines Besuchers, ob der Erfolg eines Kunsthauses eher anhand der verkauften Eintrittskarten oder der Seitenklicks zu bemessen sei, antwortete Johan Holten: „Das ist schwierig zu beurteilen. Die Kosten für solch eine Ausstellung sind unglaublich hoch und können nicht allein durch die Eintritte und verkauften Kataloge wieder eingespielt werden.“
Viel wichtiger sei ihm, den Besuchern neue Erfahrungen und eine andere Sicht auf die Welt zu ermöglichen. Das könne auch mit kleinen Projekten gelingen. „Wenn wir lediglich Klicks erhalten wollen, müssten wir etwa Katzenbilder posten,“ sagte Holten. Die große Heiterkeit, mit der seine launige aber durchaus treffende Bemerkung von den Diskutierenden quittiert wurde, zeugte vom grundsätzlichen Einverständnis. Und dennoch war dem Publikum der finanzielle Aspekt ein starkes Anliegen, das es näher zu beleuchten galt. So fragte ein anderer Besucher, ob nicht eine Bezahlschranke zu überlegen sei, wenn digitale Angebote der Kunsthalle so viel Zeit und Geld beanspruchen.
„Das ist kein Geschäftsmodell. Eine Bezahlschranke negiert den kulturellen Bildungscharakter“, sagte Johan Holten. „Wir machen Dinge, weil wir davon überzeugt sind.“ Vielmehr komme es auf die richtige Kombination von digitaler Strategie, Zielgruppe und Thema an. Eine Videoinstallation böte seinen heranwachsenden Töchtern beispielsweise einen leichteren Einstieg als Matisse. Bei dieser Kunstgattung fühlten sich Digital Natives viel eher zuhause. Im Hinblick auf das Kulturmarketing seines Museums wünschte sich Johan Holten, digitale Angebote zukünftig vor Ort auszuwerten und zu verbessern, das heißt den Nutzern der Kunsthallen-App oder der Webseite direkt über die Schulter zu schauen.
All jene Befürchtungen, dass digitale Angebote den persönlichen Besuch im Museum ersetzen, entkräftete Johan Holten entschieden. „Museen werden auf keinen Fall überflüssig. Wir sind Lichtjahre davon entfernt, dass eine App die gleiche Erfahrung bietet.“ Digitaler Service sei lediglich eine Ergänzung. Nicht mehr und nicht weniger.