Marketing Café
Mannheim
Clubs & Corona
21. September 2020 | peer23
Längst ist Mannheim auch überregional für seine attraktive Ausgehkultur bekannt. Aufgrund von COVID-19 sind derzeit jedoch keine Tanzveranstaltungen möglich. „Das ist ein großes Problem“, sagte Robert Gaa. Im peer23 erläuterte der neue Nachtbügermeister, wie Musikclubs das städtische Zusammenleben bereichern.
Mit dem soziokulturellen Zentrum auf der Friesenheimer Insel hatte Gastgeberin Karmen Strahonja, Geschäftsführerin der Stadtmarketing Mannheim GmbH, den wohl bislang ungewöhnlichsten Ort für ein Marketing Café ausgewählt — zugleich einen, der bestens zum Thema Nachtkultur und Kreativität passte. Die gesamte wundersame Ausstattung und Einrichtung wurde aus Holzfunden und kuriosen Objekten zusammengestellt. Während der Innenhof wie ein gemütliches Piratennest anmutete, überraschte der Veranstaltungsraum mit einer Mischung aus Club und Wohnzimmer. Angesichts der ausrangierten Sofas und Sessel rief ein Besucher beim Eintreten freudig: „Das ist ja wie zuhause!“
Genau darum geht es auch Robert Gaa, der seit August 2020 als neuer Nachtbürgermeister von Mannheim im Amt ist. Die Menschen sollen sich wohlfühlen an Orten, die Teil des sozialen Lebens sind. Der gelernte Maschinenbauer ist selber als Veranstalter und DJ tätig und weiß somit um die Bedürfnisse der Nachtschwärmer. Er vermittelt zwischen Bar- und Clubbetreibern, Anwohnern, Gästen und Behörden. Denn selbst Ausgehviertel wie der Jungbusch sind keine reine Partymeilen. „Hier wohnen auch viele Familien mit Kindern. Die Anwohner müssen eingebunden und sollen nicht vor vollendete Tatsachengestellt werden,“ sagte Robert Gaa.
Moderatorin Karmen Strahonja vermutete, dass sich die Fronten während der Coronazeit verhärten. Die einen möchten feiern, die andern wünschen sich Ruhe. „Das stimmt,“ bestätigte der Nachtbürgermeister. „Doch ich merke, dass man in Mannheim miteinander sprechen und gute Lösungen finden kann.“ Musikclubs seien für das Leben in der Stadt wichtig, weshalb er für mehr Offenheit plädierte. Denn anders als reine Diskotheken, wo vor allem getanzt und getrunken werde, handele es sich bei Musikclubs um Orte, an denen Künstler wie DJs und Bands auftreten, wo die Musik als Kunst im Vordergrund stehe. In einem historischen Rückblick erzählte Robert Gaa, dass die ersten Diskotheken in der Nachkriegszeit entstanden sind, als Live-Auftritte nicht möglich waren und man sich mit dem Abspielen von Schallplatten behalf.
Die heutige Musikclubs sind für Robert Gaa Kulturorte, an denen der Gast, ohne dass er diskriminiert wird, so sein kann wie er mag. Neben dem positiven Image für die Stadt seien die wirtschaftlichen Auswirkungen einer guten Nachtkultur nicht zu unterschätzen. Darum wäre es wünschenswert, dass Musikclubs auch steuerlich wie Kulturorte eingestuft werden und mehr Unterstützung erhalten.
„Wieso soll ich die unterstützen?“, fragte eine ältere Besucherin des Marketing Cafés. „Die Jungen fühlen sich doch gestört, wenn man da mit grauen Haaren reinkommt. Ich jedenfalls werde von den Clubs nicht angesprochen.“ Robert Gaa entgegnete, dass sehr wohl ältere Menschen des Nachts unterwegs seien und er sich über ein noch vielfältigeres Angebot in der gesamten Stadt freuen würde.
Dr. Matthias Rauch, Leiter der Kulturellen Stadtentwicklung Mannheim, ist schon jetzt überzeugt: „Die Innenstadt wird sich verändern. Mittelfristig hat die monofunktionale Nutzung durch den Einzelhandel keinen Bestand. Die Ausgehkultur spielt zukünftig wieder eine stärkere Rolle.“